Forum für Kunst und Kultur
Herzogenrath e.V.

28 Tage

Mavi Garcia

Begrüßung

Prof. Fritz Rohde Forum für Kunst und Kultur

Einführung

Dr. Volkmar Mühleis Luca School of Art, Brüssel

Veranstaltungsdauer:

20. November bis

18. December 2022

Körperspannung – Zur Kunst von Mavi Garcia anlässlich der Ausstellung „28 Tage“ Volkmar Mühleis Die nächsten acht Stunden werden wir das Eis schmelzen sehen. Als könnten wir das – unsere Geduld reicht dazu wohl kaum aus. Nicht einmal für eine so kurze Spanne im Vergleich zum Schmelzen in der Natur, der Eiskappen und Gletscher. Hier ist der Schmelzvorgang gerahmt, wie für ein klassisches Bild. Wir sehen keine ‚eisbrecherische‘ Natur, vielmehr den Anschein von einem sehr stillen Leben, das vor uns verfließt, so langsam, dass es nur in der Kurzfassung des Videos anschaulich wird. Atem heißt die Arbeit, eine von sechzehn, die Mavi Garcia in ihrer neuen Ausstellung im Kunsthaus Eurode- Bahnhof Herzogenrath zeigt. Wie schon in vielen ihrer früheren Werke gilt die Aufmerksamkeit der Körperlichkeit, ihrer Erscheinung, Mediatisierung, Erfahrung. Den metaphorischen Sprung ins kalte Wasser deutet sie in einer Skulptur mit einem Paar sprungbereiter Beine auf Zehenspitzen an – aus Metall, Polyester und Gips gefertigt –, auf einem langen, von der Wand in den Raum ragenden, blauen Brett. Garcia zeigt nahezu die ganze Bandbreite ihrer Kunst – Videos und Skulpturen ebenso wie verfremdete Fotos und Installationen. 28 Tage heißt die Ausstellung, in Anlehnung an das gleichnamige Video, in dem eine Fliege zu sehen ist, die anderthalb Stunden gefangen in einem umgedrehten Glas umhersaust, krabbelt, den Ausweg sucht. Dieses Glas schmilzt nicht, wird zum erbitterten Mikroklima für das Tier, vor der Kamera wie in einem Experiment, einem Wettlauf mit der Zeit. Seit zwanzig Jahren etabliert sich die Künstlerin mit Ausstellungen in der Kunsthalle Gießen, der Alfred Galerie in Tel Aviv, im Neuen Kunstverein Regensburg, bei Saint James Cavalier auf Malta, in der Kunsthalle Osnabrück, der Kunstakademie Düsseldorf, um nur einige Orte zu nennen. Von Málaga zog es sie ins Rheinland, wo sie heute in Aachen lebt und arbeitet. Ihrer Videoinstallation Atem stellte sie, einem Motto gleich, einen Dreizeiler des japanischen Dichters Kobayashi Issa zur Seite, auf Englisch: „A world of dew,/ And within every dewdrop/ A world of struggle – Eine Welt aus Tau,/ Und in jedem Tautropfen/ die Welt im Widerstreit.“ Schon in unserem Körper bebt dieser Widerstreit, pulsiert das Herz. Wofür es schlägt? Vielleicht geben darüber die Glückskekse Auskunft, die sich jede und jeder aus einem Glasbehälter in der Ausstellung nehmen kann.

© ULi Muntenbeck