Forum für Kunst und Kultur
Herzogenrath e.V.

Ein Teil von mir

Gerda Zuleger

Begrüßung

Prof. Dr. Fritz G. Rohde, Forum für Kunst und Kultur Herzogenrath

Einführung

Gerda Zuleger, ausstellende Künstlerin, Aachen

Veranstaltungsdauer:

04. June bis

02. July 2023

Geteilt und mitgeteilt, (Dirk Tölke):   Ein Teil von mir, heißt die Ausstellung, in der ein Ausschnitt der Werkvielfalt von Gerda Zuleger- Mertens sichtbar wird und zudem ein Teil von ihrer Person, von Lebensgeschichte und Empfinden, Körper und Geist, die um des Ausdrucks Willen bloßgelegt werden. Sie bringt sich mit ihrer Kunst ein. Gerda Zuleger- Mertens reagiert sensibel auf ihr Umfeld und auf Veränderungen. In allen ihren Zeichnungen, Malereien, Fotografien, Objekten und Installationen steckt ein sozialkritischer Ansatz und eine Beschäftigung mit Verlust und Vergänglichkeit. Die Themen ihrer Werke befassen sich mit dem Verlust von Personen, von Freiheit und Selbstständigkeit, mit der Rolle der Frau und den Erwartungen an sie. Den Umbau der Industrieregionen, die Industriebrachen und „lost places“ im Ruhrgebiet erlebte die in Eschweiler geborene, in Aachen als Designerin und in Münster als Kunstpädagogin ausgebildete Künstlerin in ihrer Zeit in Essen und Düsseldorf. Eigene Fotografien verwahrloster Räume wurden von ihr mit abstrakten Farbsetzungen überarbeitet, die die gärenden Empfindungen dazu ergänzen. Ihr soziales Engagement setzt sie schon lange in Installationen um, einige Jahre in Ateliergemeinschaft mit SPELL. In ihrer Tätigkeit bei der Yehudi- Menuhin-Stiftung und seit einigen Jahren als Vorsitzende des Kulturwerks hat sie übergreifend mit musischen und tänzerischen Darbietungen die Genres zusammengebracht und Themenausstellungen wie etwa „Mein Traum von Europa“ mit vielen Beteiligten in die Öffentlichkeit gebracht. Ihre Installation „13 Mäntel“ befasst sich intensiv mit der eigenen Lebensgeschichte und den Rollen und Erwartungen, denen sie als Frau ausgesetzt war. Erotische Zeichnungen gehören auch zum Repertoire und zeigen sie als mutige, Grenzen erweiternde Künstlerin.   Nun wohnt sie schon längere Zeit in Zweifall und erlebt auf täglichen Spaziergängen Natur und insbesondere Wald als gefährdete Welt, in der sich erneut der Verlust und die Vergänglichkeit durch Vermüllung und Klimawandel und kürzlich die Flutkatastrophe zeigen. Dies wird mit der Erfahrung von Reichtum und Schönheit auch in ihren unexotischen Gegenden vermischt. Sorge und sich beschenkt fühlen in Garten und Wald führen zu unterschiedlichen zweideutigen Werkgruppen. Da gibt es die Fundstücke im Wald, farblich vereinheitlichend abstrahiert und auf Betonflächen als Gegenwelt aufgebracht. Das Buch des Lebens öffnet sich da genauso vielgestalt, wie die Assoziationsmöglichkeiten phantasieanregender Rindenformen. Eindeutiger zerstörerisch sind lavaschwarze Bilder mit Sandeinmengungen und Verkohlungen verwirklicht. Brandspuren und in der Schwärze von Wald und Schädelbergen recht dystopisch erscheinende Naturvisionen drängen sich im Großformat auf, in denen als Gegenwelt nun das Gingkoblatt auftaucht, wie es in Hiroshima als hoffnungsvoller Neubeginn von überlebender Natur nach dem Atombombenwurf sichtbar wurde. Auch die Lockdownwochen im Mai 2020 ließen die Schönheit und Sinnlichkeit der naheliegenden Natur erneut erfahren. Schmetterlinge durchflattern die paradiesischen Momente. In karikierender Plakativität erscheint das Paradies in anderen Zyklen heutzutage Adam und Eva durch das Statussymbol und Erkenntnismittel Smartphone zu verführen. Der zu ihrer Kinderzeit noch als Erzählung relevante Klapperstorch schlug auch in der Coronazeit häufiger zu. Zu diesen zeichenhaften realistischen Bildthemen gehören auch die in Mülltüten verpackten Bilder, die auf Überfischung, Insektenverlust und Verkümmern der Vogelwelt hinweisen. Als Bild betont – mit integrierten Rahmen – erscheinen Zitronen, Holunder und Kastanie als unscheinbare Geschenke der Natur im Großformat, als in nächstem Umfeld des Waldes zu entdeckender Reichtum. Was bleibt zurück? Unser Fußabdruck, unsere Eingriffe aber auch unsere Werke. Mit ihren will Gerda Zuleger- Mertens das Wahrnehmen aktivieren und die Zeitlichkeit hintergehen. Was ein Baum zu erzählen haben mag, regt die Phantasie an. Fast Mystisch wird die Welt des Waldes in der Installation von Waldfrauen, von Wesen zwischen Fee, Daphne und Baumfrau. Fruchtbar, bedrohlich, lebendig, dem Tode geweiht. Alles Teile vom Ich. Von ihren Zeichnungen an zeigt Gerda Zuleger- Mertens das ganze Bild von Ich, Mensch, Technik und Natur und gruppiert diese Bruchstücke und zyklischen Ausdrucksformen als zwiespältige Darstellungen von transformiertem Scheitern, zweideutigen Siegen und hoffnungsstrebender Beklemmung. Wer bewusst wahrnimmt, kommt um unangenehme Wahrheiten nicht herum, die hier zur Bildsprache kommen, denn die Künstlerin nimmt bewusst Anteil am Leben. Das heißt aber eben als gleichwertiger Teil der Wirklichkeit auch, das Potential und die Schönheit der Lebenswelt auszukosten und darzustellen. Werden, Sein und Vergehen.

© ULi Muntenbeck